Ein alltagstaugliches Gebetbuch

Wohin mit Sorgen und Hoffnung? Wohin mit Angst und Freude? Nicht nur in Zeiten einer bedrückenden Pandemie. „Es tut gut, mit dir reden zu können. Es tut gut zu wissen, dass du ein Ohr und ein Herz für uns hast.“ So heißt es in einem Gebet, das die Fragen nach dem Wohin beantwortet: zu Gott. Zu finden ist das Gebet im Buch „Worte finden. Neue Gebete für Gottesdienst und Alltag“.

Das Gebetbuch ist gerade in der Neukirchener Verlagsgesellschaft erschienen. Geschrieben haben es eine Pfarrerin im Ruhestand und zwei Pfarrer aus der Evangelischen Kirche im Rheinland: Sylvia Bukowski, Joachim Denker und Holger Pyka. Und was die drei Reformierten aus Wuppertal zusammengestellt haben, nimmt vordringlich Themen auf, die in anderen Gebetbüchern eher nicht zu finden sind: Altwerden, sexuelle Gewalt, Homosexualität, den Befreiungstag von Auschwitz oder auch die Pandemie.

Worte für die Wut

„Gott, wenn andere mich kränken, wenn es nicht so läuft, wie ich es gern hätte, oder wenn ich gestresst bin, werde ich manchmal maßlos wütend: Mein Blutdruck steigt, mein Blick verengt sich, meine Urteile werden ungerecht …“ Alltagssituationen und vor allem Alltagssprache spiegeln sich in der Sammlung von Gebeten wider. Sprache, die Gott und den Menschen gerecht wird. Sprache, die nichts mit Floskeln zukleistert und sich nicht in wohlvertrautem und für viele doch so unverständlichem Kirchenjargon ergeht. Im Gegenteil: „Wer bist du?“ fragt eines der Gebete nach Gott und dem Gottesbild: „Der ,Grund allen Seins‘? Die ,Ursache aller Dinge‘? … Ein ,Du‘ bist du, ein Gegenüber, an Beziehung interessiert, auf der Suche nach deinen Menschen. … Wir fassen dich nicht, unfassbarer Gott. Vertrauen wollen wir dir dennoch.“

Gebete für Gottesdienst und Alltag gleichermaßen

Das neue Gebetbuch ist sowohl für den Gebrauch im Gottesdienst als auch zur eigenen Inspiration für Gebete daheim gedacht. Nicht zuletzt deswegen haben sich die Pfarrerin und die beiden Pfarrer im Schlussteil ihres Buches auch mit der Theologie, der Sprache und der Haltung von Gebeten auseinandergesetzt. Jochen Denker erklärt darin zum Beispiel, warum Beten einfach gut tut – und an wen sich Beterinnen und Beter eigentlich wenden. Sylvia Bukowski setzt sich mit dem Eingangsgebet im Gottesdienst auseinander, das in der reformierten Liturgie oft den Charakter eines Sündenbekenntnisses hat. Und Holger Pyka schließlich, der auch in der Ausbildung von Vikarinnen und Vikaren tätig ist, nimmt Sprache und eingängige Bilder in den Blick. Die drei aus der Praxis und aus unterschiedlichen Generationen haben in dem mehr als 200-seitigen Werk jedenfalls gute, verständliche und ansprechende Worte gefunden, mit denen Menschen beten können – im Gottesdienst und im Alltag.

„Worte finden. Neue Gebete für Gottesdienst und Alltag“ von Sylvia Bukowski, Jochen Denker und Holger Pyka mit einem Vorwort von Manfred Rekowski, Neukirchener Verlagsgesellschaft, 204 Seiten, 24 Euro, ISBN 9783761567791

  • 13.4.2021
  • Jens Peter Iven
  • Jens Peter Iven