Die Botschaft der Jesus-Christus-Kirche

Das Thema der gesamten Kirche ist die Vision vom himmlischen Jerusalem, wie es das 21. Kapitel der Offenbarung des Johannes beschreibt. Viele Details dieser Vision hat der Architekt Fritz Kreidt in der Kirche umgesetzt. Allerdings liegt dies an keiner Stelle unmittelbar vor Augen, sondern will entdeckt werden. Das korrespondiert mit dem Charakter des Buches der Offenbarung insgesamt, das seine Botschaft ebenfalls verschlüsselt weitergibt. Die Kirche soll in ihrer Gänze das himmlische Jerusalem vorwegnehmen, das allerdings verborgen ist hinter Steinen, Beton und Eisen.

Hier finden Sie eine Videoandacht über die Botschaft der Jesus-Christus-Kirche auf YouTube, unten folgt die Darstellung als Beschreibung:

 

Grundriss

In Offb 21,16 heißt es: „Die Stadt war viereckig angelegt (…)“, und so hat der Architekt auch die Kirche viereckig angelegt. Dieser Grundriss war ihm so wichtig, dass er darauf mehrfach hinweist. Die Metallgriffe der Haupteingangstüren zum Kirchraum sind als Fries gestaltet und zeigen als grafisches Motiv den Grundriss der Kirche mit ihrer Einrichtung. Noch einmal findet sich der Grundriss, wenn man die Kirche durch den Seiteneingang unter der Orgelempore verlässt. Ein Holzrelief ist an beiden Seiten der Durchgangstür angebracht. Es zeigt wie bei den Eingangstüren nicht nur den Grundriss der Kirche, sondern auch manche Details der Einrichtung wie z.B. Emporen, Orgel, Stufen, Taufstein, Kanzel bis hin zum Kreuz auf dem Altar.

Die Kirche soll in ihrer Gesamtheit das herab kommende Jerusalem spiegeln. Vielleicht neigt sich auch deshalb der Boden der Kirche vom Eingang bis vor die Stufen des Altars um 45 cm. Die Emporen sind ohne Stützpfeiler gebaut und neigen sich ebenfalls nach unten.

 

Dach

Im 3. Vers des Kapitels 21 der Offenbarung heißt es: „Ich hörte eine laute Stimme vom Thron her rufen: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen!“ So steht es  jedenfalls in den gängigen Übersetzungen. Im griechischen Urtext aber findet sich das Wort „Zelt“. Entsprechend hat der Architekt die Decke der Kirche zeltförmig gestaltet. Sie überspannt die Kirche wie ein spitzes Zeltdach und neigt sich vom First bis zu den Ecken um sechs Meter.

Foto: Kastner Pilcher

Prinzipalstücke

Der Mittelgang führt diagonal durch den quadratischen Grundriss genau auf eine Ecke zu. Hier, wo sich alle Linien treffen, steht der Altar, auf fünf Stufen erhöht. Gleichzeitig wird der Blick auch nach oben geführt, weil der Raum an dieser Stelle über dem Altar mit 14 Metern optisch den höchsten Punkt erreicht.

Altar, Kanzel und Taufbecken sind einheitlich gestaltet mit Trägern aus schwarzen geschweißten Eisenprofilen und hellgrauen Maggia-Granitplatten, die sich von den dunkleren Wänden abheben. An den Berührungspunkten der waagerechten und senkrechten Profile ist dabei an zahlreichen Stellen das Kreuzmotiv sichtbar.

Die  Front der Kanzel schmückt ein Relief, das von zentraler Bedeutung ist. Es stellt das herabkommende Jerusalem dar. Wenn man genau hinsieht, sind „der neue Himmel und die neue Erde“ zu erkennen (Offb 21,1) und die Stadt, die aus dem Himmel herabkommt (Offb 21,2). Außerdem ist der Regenbogen zu sehen, der um den Thron Christi vom Seher erblickt wird (Offb 4,3) und „sieben Feuerfackeln“, die an den siebenarmigen Leuchter im Tempel erinnern (Offb 4,5), sowie die Blitze, die vom Thron ausgehen (Offb 4,5).

 

 

Das himmlische Jerusalem hat, so die Beschreibung, 12 Tore, auf denen die Namen der Stämme Israels stehen (Offb 21,12), und 12 Grundsteine, auf denen die Namen der Apostel Jesu stehen (Offb 21,14); entsprechend finden sich auf dem Altar 12 Öllichter und der Altar wird vorne und hinten von jeweils 12 Eisenprofilen getragen.

Für den Altar hat der Architekt sieben Antependien entworfen, die aus Wolle gewebt und passend zum Kirchenjahr mit gestickten Motiven verziert sind. Dass ein Architekt in einer Kirche auch die Antependien gestaltet, ist sehr ungewöhnlich. Sie gehören also unmittelbar zu seiner Botschaft dazu. Auf allen Antependien findet sich ein Kreuz. Die übrigen Motive des Reliefs wiederholen sich ebenfalls: der Regenbogen und der siebenarmige Leuchter. Besonders im Oster- und Pfingstantependium ist deutlich die Bewegung von außen nach innen und von oben nach unten zu sehen, die Botschaft der neuen Welt, die in die alte hineinwirkt. Die gegenseitige Durchdringung und Durchlässigkeit zeigt sich in rasterartigen, quadratischen Strukturen. Auffallend sind auch die leuchtenden und ungewöhnlichen Farben. In ihnen finden sich eindeutig die Farben der 12 Edelsteine wieder, aus denen das himmlische Jerusalem gebaut ist und die in Kapitel 21 aufgezählt werden (Offb 21,19-20).

 

Auch der Taufstein wird von 12 Eisenprofilen getragen, an jeder Seite drei. Vom himmlischen Jerusalem heißt es, dass es jeweils drei Tore in jede Himmelsrichtung hat (Offb 21,13). Der Taufstein ist quadratisch, wie der Grundriss der Kirche und das Fenster darüber, der einzigen Lichtquelle im vorderen Bereich der Kirche. Dieses Fenster war vor dem Umbau wesentlich kleiner und wurde von einem Eisengitter eingefasst, das die Sonne und zuckende Blitze als apokalyptischen Bezug zeigte.

Beleuchtung

In den beiden rückwärtigen Wänden wechseln sich Beton- und Glasbausteine ab, so dass die Wirkung einer durchlässigen Wand entsteht. Auch die Glasbausteine sind quadratisch. Tageslicht fällt in das Innere der Kirche, und der Schein der 1.100 Glühbirnen beleuchtet sie indirekt, zugleich dringt ihr Licht nach außen. Diese Durchdringung von innen nach außen und von oben nach unten ist ein weiteres wichtiges Thema der Kirche. Neben den Glühbirnen in den Glasbausteinen und einigen Wandlampen über und unter den Emporen gab es nach dem Entwurf des Architekten keine weiteren Lampen. Im 5. Vers des 22. Kapitels der Offenbarung heißt es: „Es wird keine Nacht mehr geben und [die Stadt] braucht weder das Licht einer Lampe noch das Licht der Sonne, denn der Herr wird über ihr leuchten“.

Foto: Kastner Pilcher

Die Posaunenengel

Die vorderen Wände sind aus Feldbrandsteinen, die mit ihrer individuellen Oberfläche und Farbe im rot/braun/grauen Spektrum plastisch und lebendig wirken. Als zusätzliche Wandgestaltung hat Architekt Kreidt drei große gemauerte Backstein-Engel entworfen, die aus der Wand herauszutreten scheinen und kupferne Posaunen blasen. Sie bleiben rätselhaft. Die Engel der Offenbarung, die Posaunen tragen, sind immer sieben an der Zahl und bringen Unheil. Drei Engel kommen im 14. Kapitel vor, aber ohne Posaunen. Inhaltlich sollen sie vermutlich die Botschaft bringen, die in Mt 24,31 genannt ist: „Er wird seine Engel unter lautem Posaunenschall aussenden und sie werden die Auserwählten aus allen vier Himmelsrichtungen zusammenführen.“ Im Matthäusevangelium kündigen sie die Wiederkunft Christi an und zugleich ist das Zusammenkommen aus den vier Himmelsrichtungen ein überaus häufiges Motiv der hebräischen Bibel, mit der die Rückkehr nach Jerusalem beschrieben wird (z.B. in Jes 43,5-6).

 

Der Turm

Der 42 m hohe freistehende Glockenturm trägt auf der Spitze ein sieben Meter hohes Kreuz. Die fünf Bronzeglocken stammen ebenfalls aus der Glockengießerei Rincker. Die Inschriften lauten:

  1. Glocke (a´): „Fürchte dich nicht!“ (Offb 1,17)
  2. Glocke (gis´): „Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige.“ (Offb 1,17)
  3. Glocke (fis´): „Wen da dürstet, der komme.“ (Offb 22,17)
  4. Glocke (e´): „Ja, ich komme bald.“ (Offb 22,20)
  5. Glocke (cis´): „Amen, ja komm Herr Jesu!“ (Offb 22,20)

Diese Verse der Offenbarung fügen sich ins Konzept der Kirche ein und thematisieren die Wiederkunft Christi und die letzten Worte der Bibel.

Die Offenbarung des Johannes will in einer Zeit der Bedrängnis und der äußeren Bedrohung die Gläubigen mit der Gewissheit trösten, dass das alles nur vorläufig ist und mit dem Kommen der neuen Welt von Gott her beendet werden wird. Als das Presbyterium den Wettbewerb für die Kirche ausschrieb, war die Welt in einer ähnlich bedrohlichen Situation. Nicht lange nach dem II. Weltkrieg drohte durch die atomare Aufrüstung und den sich zuspitzenden kalten Krieg nicht weniger als eine apokalyptische Katastrophe. Die Wahl des Themas war wohl dieser Situation geschuldet. Eine Kirche, die ein Vorbote einer neuen, heilen Welt ist, hatte das Potential, in dieser Zeit Zuversicht zu geben.

Der Architekt Fritz Kreidt hat die Kirche nicht nur geplant, sondern auch deren ganzes Inventar vom Klingelbeutelhalter bis hin zum Orgelprospekt entworfen. Dabei ist es ihm gelungen, drei Aspekte zu vereinen: erstens eine moderne, unkonventionelle Architektur, zweitens eine Reminiszenz an die Industriestadt Duisburg durch die Verwendung von Materialien wie Eisen und Zink und drittens eine Umsetzung des theologischen Themas „Wiederkunft Christi und himmlisches Jerusalem“.

 

Veränderungen und Umbauten

Die Jahre vergingen, und im neuen Jahrhundert wurden erste Mängel sichtbar: Die Holzdecke verfärbte sich dunkel und ein modriger Geruch breitete sich aus, der Schimmelbildung vermuten ließ. Eine eingehende Untersuchung war unumgänglich, zumal sich baugleiche Dächer ähnlicher Gebäude als einsturzgefährdet erwiesen hatten. Glücklicherweise gaben die Experten Entwarnung, was Schimmel und Sicherheitsbedenken betraf, empfahlen jedoch eine grundsätzliche Sanierung des Daches.

Das Presbyterium der Gemeinde Trinitatis, 2004 aus der Fusion von Buchholz und Wedau-Bissingheim entstanden, nahm das zum Anlass, um über eine „zukunftsfähige Jesus-Christus-Kirche“ nachzudenken. Man musste sich darüber klar werden, welche Art von Gottesdiensten und Veranstaltungen die Gemeinde in Zukunft anbieten wolle und welche Räume und Ausstattung dazu gebraucht würden. 2009 schrieb das Presbyterium einen Architektenwettbewerb aus, bei dem drei Entwürfe eingingen. Der Plan vom Architekturbüro Kastner/Pichler fand die ungeteilte Zustimmung.

Im ersten Bauabschnitt (2010) wurde das Dach wurde von außen und innen vollkommen erneuert, wobei man die schadstoffbelastete Decke aufwendig entsorgen musste. Das Dachfenster über dem Taufbecken vergrößerte man um ein Vielfaches, so dass jetzt mehr Licht in den Altarraum fällt. Dieses Fenster lässt sich elektrisch öffnen und mit Rollos verdunkeln. Durch ein neues Lichtkonzept kann man den Kirchraum und Altarbereich mit Hilfe von herabhängenden Lampen variabel ausleuchten. Diese treten farblich so in den Hintergrund, dass sie den Raumeindruck der Kirche nicht stören. Auch eine computergesteuerte Lautsprecheranlage wurde eingebaut, so dass man jetzt von jedem Platz aus gleich gut hören kann.

2012 schrieb die Evangelische Kirche im Rheinland zum ersten Mal einen Architekturpreis für Kirchenrenovierungen aus. Die Jesus-Christus-Kirche gewann den 1. Preis und fand damit auch Erwähnung im „Atlas of European Architecture“ (2015).

Im Rahmen der Überlegungen zur „zukunftsfähigen Jesus-Christus-Kirche“ kam der Wunsch auf, die Anzahl der Sitzplätze variieren zu können, um die Kirche flexibler an verschiedene Veranstaltungsformate anzupassen. Das war bei der bisherigen Bestuhlung, die fest mit dem Boden verschraubt war, nicht möglich. Die Lösung wurde im zweiten Bauabschnitt (2017) verwirklicht: Sie bestand darin, den Raum unter den beiden Emporen mit Schiebewänden abzuteilen, um ihn so entweder als Stauraum für Stühle nutzen zu können oder als zusätzliches Platzangebot bei Gottesdiensten mit großer Besucherzahl. Neben der Stapelbarkeit der neuen Stühle war eine weitere wichtige Anforderung, dass sie einer guten Akustik dienen, was dem Gemeinde- und Chorgesang zugute kommt. Ein Stoffbezug schied damit aus und die Wahl fiel auf Holzstühle, zum Teil mit hellroter Kunstlederpolsterung. Auch der Holzboden unter den Sitzen musste erneuert werden, weil sich hier die Schraublöcher der alten Bestuhlung befanden und eine asbesthaltige Isolierschicht entfernt werden musste. Von den Brüstungen der Emporen und ihrer Aufgänge entfernte man die alten Zinkbleche und wählte eine Holzstab-Variante, die eine Einheit bildet mit den darunter befindlichen Stellwänden und leicht und transparent wirkt. Auch die Beleuchtung wurde weiter verbessert, indem man die Lampen an den Wänden der Emporen durch modernere ersetzte und die alten 40 Watt-Birnen der Glasbaustein-Wände gegen LED-Leuchten austauschte. Das künstliche Licht kann jetzt sehr variabel und energiesparend eingesetzt werden.

Foto: Kastner Pilcher

Das Farbkonzept des Architekten Konstantin Pichler ist betont zurückhaltend. Stühle, Holzboden, Schiebewände und Brüstung sind in einheitlichem Grau gehalten. Diese monochrome Farbgebung lässt den Raum in den Hintergrund treten, nichts lenkt den Blick ab. Die Menschen sind es, die Farbe und Vielfalt in die Kirche bringen. Hier ist ihnen der Raum bereitet für eine lebendige Begegnung mit Gott.

Seit dem 16. Dezember 2020 steht die Jesus-Christus-Kirche unter Denkmalschutz. In der Begründung dazu heißt es, sie sei nicht nur bedeutend für die Stadtentwicklungsgeschichte Duisburgs, sondern: „Sie ist ein ebenso anschauliches wie qualitätsvolles Zeugnis des evangelischen Kirchbaus im Rheinland der Nachkriegszeit.“

 


 

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