Aus der Geschichte der Kirche Am See

Der Ortsteil Wedau entstand kurz vor dem 1. Weltkrieg in Zusammenhang mit dem massiven Ausbau des Schienennetzes, der wegen des stark gestiegenen Güterverkehrs nötig wurde. Ein 4 km langer Verschiebebahnhof und Eisenbahnwerkstätten wurden errichtet, wodurch zahlreiche Arbeitsplätze entstanden. Für die hier Beschäftigten und ihre Familien baute die Eisenbahngesellschaft ab 1914 Wohnungen in Wedau; ab 1918 folgte auch die Bebauung des Bereichs Bissingheim mit Wohnungen für Kriegsversehrte und kinderreiche Familien. Die Gegend war ein Sumpfgebiet, was noch im Ortsnamen Wedau anklingt: Die „wet Aue“ bezeichnet eine nasse Wiese. Deshalb mussten zur Trockenlegung und Vorbereitung des Baulands riesige Sand- und Kiesmassen aus einem nahen Waldstück entnommen werden – so entstand der Masurensee als erster See des heutigen Erholungsgebiets „6-Seen-Platte“.

Die evangelischen Christen suchten nach einem Raum, in dem Gottesdienste stattfinden konnten. So traf man sich zunächst in der Wirtschaft „Unter den Eichen“, dann im Kindergarten und schließlich im Flur der evangelischen Schule, doch wurde der Ruf nach einer eigenen Kirche immer lauter. Unter Pfarrer Fritz Schindelin, der seit 1916 als Hilfsprediger in Wedau tätig war, gründete man einen Kirchbauverein und sammelte fleißig Spenden. Umso größer war die Enttäuschung, als die Pläne von der Kirchenleitung abgelehnt wurden. Einen neuen Plan für die Kirche entwarf der Architekt Friedrich Mosebach. Als man das Geld für die Umsetzung fast zusammen hatte, wurde es durch die Inflation 1923 wertlos. Trotzdem begann man in Eigenarbeit mit dem Bau der Kirche. Material wie Kies und Holz wurde gespendet, Steine fertigte man selber an, und viele fleißige Hände halfen mit, so dass bald Richtfest gefeiert werden konnte.

Das Projekt kam allerdings zum Erliegen, als im gleichen Jahr noch französische Soldaten ins Ruhrgebiet einmarschierten, weil die Deutschen die hohen Reparationsforderungen des 1. Weltkriegs nicht erfüllten. Die Wedauer und Bissingheimer Eisenbahner leisteten passiven Widerstand, indem sie den Bahnverkehr lahmlegten. Daraufhin wurden sie mit ihren Familien aus den Wohnungen und aus Duisburg ausgewiesen. Als nach etwa einem Jahr die französischen Besatzer abzogen, kehrten die Menschen im Sommer 1924 nach und nach zurück. Die Arbeiten an der Kirche wurden fortgesetzt, und am 16. November 1924 konnte sie unter Mitwirkung von Kirchen- und Posaunenchor festlich in Betrieb genommen werden.

Als in den 30er Jahren die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurden Pfarrer Schindelin als Mitglied der Bekennenden Kirche manche Steine in den Weg gelegt; man verhaftete ihn mehrmals, ihm wurde Redeverbot angedroht und der Zugang zur Kirche verwehrt. Doch er wusste sich auch in diesen schweren Zeiten zu behaupten.

Mit Teilung der Großgemeinde Wanheim-Angerhausen im Jahr 1956 wurde Wedau-Bissingheim eine selbständige Gemeinde mit zwei Pfarrstellen. Die Wirtschaft kam langsam wieder in Schwung und es begann die Zeit der großen Pläne.

Für die Wedauer Kirche leistete man sich eine Orgel. Es war ein Schnäppchen, denn die Orgel der Firma Bürkle (Schwelm) war eigentlich für eine andere Kirche geplant und konnte günstig übernommen werden. Heute ist diese Orgel eine Rarität, da sie den Impuls zwischen Tasten und Pfeifen nicht elektrisch weitergibt, sondern pneumatisch, also durch Luft. Sie umfasst 10 Register, auf 2 Manuale und Pedal verteilt. Am Erntedankfest des Jahres 1957 erklang sie zum ersten Mal.

Mit der Bevölkerung wuchs auch der Platzbedarf der Gemeinde. Die Gruppen und Kreise brauchten Räume, um sich zu treffen, und so beschloss man, an die Kirche ein Gemeindehaus anzubauen. Neben einem großen Gemeindesaal mit Bühne entstanden mehrere Räume für die Jugendarbeit und eine Küche, die sich um ein Atrium mit Glaskuppel gruppierten. Auch die Kirche wurde bei dieser Gelegenheit umgebaut und der architektonischen Mode jener Zeit entsprechend schlichter und geradliniger gestaltet. Das Kuppeldach mit dem Türmchen musste weichen und wurde durch einen spitzen Giebel ersetzt, den ein Rundfenster über der Eingangstür schmückte. Die Fenster der Westseite wurden durch verglaste Stahlbetonelemente ausgetauscht.

Einen großen Wunsch erfüllte sich die Gemeinde mit 3 Glocken der Gießerei Rincker in Sinn (Dillkreis). Da die Statik der Kirche hierfür nicht geeignet war, baute man einen 29 Meter hohen freistehenden Glockenturm. Dieser Campanile prägt bis heute den äußeren Eindruck des Gemeindezentrums. Am 21. Februar 1961 war es dann soweit: Die Glocken riefen zum ersten Mal zum Gottesdienst. Ihre Inschriften lauten:

    1. Glocke (ais‘): „Also hat Gott die Welt geliebt / dass er seinen eingeborenen Sohn gab, / auf dass alle / die an ihn glauben / nicht verloren werden / sondern das ewige Leben haben.“ (Joh 3,16)
    2. Glocke (h‘): „Wer Ohren hat zu hören, der höre.“ (Mk 4,9)
    3. Glocke (cis“): „Dienet dem Herrn mit Freuden.“ (Ps 100,2)

Erst im neuen Jahrtausend entstand wieder Handlungsbedarf, weil sich erste Schäden zeigten: Die maroden Fenster waren nicht mehr dicht und der Holzboden wurde morsch. Das Presbyterium entschied, dass die Zeit für einen grundlegenden Umbau gekommen sei.

Die Architekten Gido Hülsmann und Dirk Boländer legten einen überzeugenden Entwurf vor, der in den Jahren 2005/2006 umgesetzt wurde. Dabei sollte der schlichte Charakter des Kirchraums erhalten bleiben und eine helle und freundliche Ausstrahlung bekommen. Viele fleißige Helfer entfernten den alten Holzboden. Auf dem neugegossenen Betonboden mit Fußbodenheizung wurden dann hellbeige Natursteinplatten verlegt. Durch die neuen, großen Mattglas-Fenster mit Rahmen aus Eichenfurnier fällt viel Licht in die Kirche. Boden, Fenster und Außenwände sind wärmegedämmt und helfen, Energiekosten zu sparen.

 

 

Im Jahr 2023 wurden als letzter Schritt die Bänke ausgetauscht gegen neue Tische und Stühle. So ist die Kirche nach dem Umbau zukunftsfähig und für eine Nutzung als Gemeindesaal gut gerüstet: fit für die Zukunft!


 

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