Die Botschaft der Kirche Am See

Licht

Im christlichen Glauben steht Licht für das Leben: nicht nur für irdisches Leben, sondern auch für den Glauben, dass die Finsternis des Todes vom auferstandenen Christus durchbrochen wurde. Darum spielte das Licht auch im Kirchbau immer schon eine wichtige Rolle. Seit dem 3. Jahrhundert hat man Kirchen „geostet“, das heißt, man baute sie mit der Stirnseite zur aufgehenden Sonn hin.

Nach Osten drehen konnte man diese Kirche nicht mehr. Aber die innere Achse wurde so verändert, dass die Besucher nun zum Licht hin sehen, nämlich zu den Fenstern. Drei große Fensterflächen sind es geblieben, steht die Zahl 3 doch als Symbol für unseren einen Gott, für die Einheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Als „Trinität“ bezeichnet man die Dreieinigkeit Gottes, und davon leitet sich dann auch der Name dieser Kirchengemeinde ab: Trinitatis.

Jede der drei Fensterflächen ist wiederum durch drei Längsstreben unterteilt. Auf diese Weise bilden sich 12 längliche Fensterelemente. Die 12 gehört in vielen Kulturkreisen zu den ältesten „heiligen“ Zahlen. 12 Stämme bildeten das Volk Israel, 12 Apostel setzte Jesus später ein, symbolisch für jeden Stamm Israels einen.

Das natürliche Licht wird ergänzt vom künstlichen Licht der Leuchten, die in die Decke eingelassen sind. Auf Hängelampen, die es in der ursprünglichen Kirche aus dem Jahr 1924 auch nicht gab, wurde wieder verzichtet. Auch das Gewölbe der Decke, das man beim Umbau in den 60er Jahren hinter Verkleidungen versteckt hatte, wurde wieder hervorgebracht. „Spiegelgewölbe“ nennt man diese Deckenform. Bei alten Meistern waren diese Decken als Maluntergrund äußerst beliebt, da man die Illusion eines sich unendlich wölbenden geöffneten Himmels hervorrufen konnte.

 

Das Lichtkreuz

Das Kreuz ist das bekannteste christliche Symbol. Im frühen Christentum wurde es nur zögernd verwendet, stand es doch für Leiden, Schmach, Niederlage und Tod. Streng reformierte Gemeinden verzichten bis heute auf ein Kreuz in der Kirche. So wird man auch auf den alten Fotos der Kirche Am See aus dem Jahr 1924 ein Kreuz vergeblich suchen.

Das neue Kreuz besteht aus Licht. Durch die vier bronzenen Quadrate bricht das Licht und lässt ein gleichschenkliges „griechisches“ Kreuz vor Augen erscheinen. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Im Kreuz erscheint das Licht des Ostermorgens. Der Tod ist aufgesprengt und gibt den Blick frei auf Dahinterliegendes. Das Kreuz Jesu: keine Sackgasse, keine Endstation, sondern Beginn eines neuen Lebens.

Ein Bronzegewebe hinter dem Kreuz an der Fensterfront entlang lässt das durchfallende Licht golden schimmern. Der golden metallene Glanz steht seit alters her symbolisch für das ewige Licht Gottes und das ewige Leben. So vereinen sich in diesem Kreuz die größten Gegensätze: Niederlage und Triumph, Tod und Leben, Leiden und Auferstehung.

 

Abendmahlstisch und Ambo

Die Feier des Abendmahls, das „Brechen des Brotes“, gehörte von Anfang an zum christlichen Gottesdienst dazu. Die Gemeinde versammelte sich um den „Tisch des Herrn“ (1. Kor 10,21), der in den ersten Jahrhunderten ein gewöhnlicher Holztisch war. Damit feierte sie ihre Verbundenheit mit Christus und die Gemeinschaft untereinander.

Ein durch Stufen bühnenartig erhöhter Altar, dem die Gottesdienstbesucher als Zuschauer gegenübersitzen, widerspricht diesem Grundanliegen. Die Stufen in der Kirche wurden deshalb beim Umbau eingeebnet und der Tisch wieder in die Mitte der Gemeinde gerückt.

Das geölte Eichenholz wirkt für sich. Stabil wirkt der Tisch, aber nicht erdrückend. Er strahlt Ruhe aus, weil er in sich selbst ruht: Das Holz trägt sich selbst, nichts ist geschraubt oder gedübelt. Wenn man genau hinsieht, entdeckt man, dass die Verzapfungen auf der Tischplatte die Form eines Kreuzes bilden.

Der Abendmahlstisch wirkt sehr harmonisch auf uns, weil seine Proportionen denen des „goldenen Schnitts“ entsprechen, d.h., das Verhältnis zweier Längen zueinander ergibt 1,618: Wenn man beispielsweise das äußere Maß des Abendmahlstisches durch das Innenmaß zwischen den Sockeln teilt, erhält man als Wert 1,6. Andere Elemente stehen dazu in Beziehung: Die Höhe des Ambos (Sprechpults) durch die Höhe des Abendmahlstisches ergibt 1,6. Dieses Verhältnis fand sich immer schon in unserer Kirche vor: Die Länge des Hauptschiffes bezogen auf die Breite ergibt auch wieder 1,6. Seit der Antike wird dieses Maßverhältnis in der Architektur und Kunst angewendet, weil es auf den Betrachter „vollkommen“ wirkt.

Auf dem Abendmahlstisch liegt die Bibel. Hier ist der Ort der Schriftlesung. Bibelwort und Abendmahl gehören zusammen. Das Abendmahl ist nichts Höheres, nichts Besseres als die Predigt, aber die gleiche Botschaft von der bedingungslosen Liebe Gottes wird hier noch einmal anders erfahren. Darum sind Abendmahlstisch und Ambo aufeinander bezogen, nicht nur in den Proportionen. Sie stehen gleichberechtigt nebeneinander. Das Bronzegewebe umschließt beide Prinzipalstücke und hebt keines hervor.

Der Ambo ist der Ort der Predigt und ersetzt die Kanzel. Als die Kirchen im 4. Jahrhundert größer wurden und nicht mehr einfach vom Sitzplatz aus gepredigt werden konnte, fertigte man erhöhte Podeste an: So entstand der Ambo als Ort für die Verkündigung. Erst im 15. Jahrhundert setzte sich die erhöhte Kanzel mit einer mehrstufigen Treppe durch, in der Regel vom Altar entfernt seitlich an einem Pfeiler befestigt. So befand sie sich einerseits abseits vom Hauptgeschehen, das nach katholischem Verständnis das Eucharistieopfer auf dem Altar bildete, andererseits rückte sie den Prediger weit und überhöht von der Gemeinde ab. Beides entspricht nicht dem Verständnis unseres evangelischen Gottesdienstes. In reformierten Kirchen findet man theologisch folgerichtig darum Tisch und Kanzel ins Zentrum der Kirche gerückt.

Beim Umbau wurde auf eine erhöhte Kanzel ganz verzichtet. Es gibt keinen Grund, den Prediger oder die Predigerin auf erhöhte Distanz zu halten und aus der Gemeinde herauszuheben. So formulierte es das Presbyterium bereits in der ersten Gemeindekonzeption aus dem Jahr 2001: „Der Gottesdienst ist die Feier der ganzen Gemeinde; eine regelmäßige Mitwirkung von Gemeindegliedern am Gottesdienst wird angestrebt“. Die gemeinsame Verantwortung und Feier des Gottesdienstes findet schließlich auch in der Sitzordnung ihren Ausdruck: In Kreis- oder Halbkreisform ist der Pfarrer bzw. die Pfarrerin in die Gemeinde eingegliedert“. Anfang des 20. Jahrhunderts hat man im Kirchbau diese älteste Sitzordnung wiederentdeckt, die schon die frühen Kirchen aus der jüdischen Synagoge übernommen hatten. Denn wie die Synagoge will auch die Kirche ein Versammlungshaus sein und nicht der Ort für eine Theateraufführung.

Abendmahlstisch und Ambo, darüber das Lichtkreuz: Mehr braucht es eigentlich nicht. Das sind die entscheidenden Symbole unserer Kirche. Reformierte Kirchen sind bewusst schlicht gehalten, damit die Konzentration auf das Wesentliche nicht verloren geht. Darauf nur kommt es an: auf das Wort vom Kreuz, so wie es uns in der Verkündigung zugesagt und im Mahl erlebbar wird.

 

Das Tauffenster

An die Taufe erinnert das erste der drei vermutlich vom Wanheimer Glasmaler Hans Lohbeck entworfenen Kirchenfenster aus dem Jahr 1924, die in den 60er Jahren aus der Kirche entfernt und in den 1990er Jahren bei einer Entrümpelung zufällig im Kirchenkeller gefunden wurden. Beim Umbau der Kirche wurden sie wieder im Seitenschiff aufgehängt, weil sie nicht nur Dekoration sind, sondern ebenfalls eine Botschaft vermitteln.

Auf dem ersten Fenster sieht man über einer Taufschale den ersten und letzten Buchstaben des griechischen Alphabets, das Alpha und das Omega. Es spielt an auf das Gotteswort, das der Prophet Johannes in seiner Offenbarung notiert hat: „Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende“ (Offb 22,13).

Darüber schwebt die Taube und erinnert als Symbol für den Heiligen Geist an die Taufe Jesu: „In jenen Tagen kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen. Und als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel sich öffnete und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden“ (Mk 1, 9-11).

Jede Taufe, die wir in dieser Kirche feiern, jedes Taufbekenntnis und dieses Tauffenster sollen uns immer wieder an unsere eigene Taufe erinnern, dass wir selbst bei Taufe und Konfirmation „Ja“ gesagt haben zu Gott und dass Gott immer wieder „Ja“ sagt zu uns: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jes 43,1).

 

Das Abendmahlsfenster

Das zweite alte Kirchenfenster, das Abendmahlsfenster, zeigt eine Weizenähre und eine Weintraube: die Gewächse, aus denen Brot und Wein gemacht werden.

Beim Abendmahl dürfen wir Gäste Gottes sein und an seinem Tisch die Gaben der Schöpfung empfangen als Zeichen dafür, dass Gott uns heute auch nah ist. Wie Weinstock und Reben miteinander verbunden sind, so hat Gott sich in Jesus Christus an uns gebunden. Die Gemeinschaft mit Gott stellt uns in eine Gemeinschaft mit den Menschen unserer Welt. Das symbolische Teilen von Brot und Wein will sich fortsetzen, wenn wir die Weltverantwortung im Alltag wahrnehmen: damit das Brot Gottes zu „Brot für die Welt“ wird.

So eng das Abendmahl mit Jesus verknüpft ist, so sehr stellt es auch die Verbindung zum Gott Israels her. In den letzten Jahren ist uns das mehr und mehr bewusst geworden, seitdem wir das Abendmahl am Gründonnerstag aus seinem Ursprung heraus zu verstehen versuchen: dass Jesus mit seinen Jüngern damals ein jüdisches Fest gefeiert hat, nämlich das Passahfest. So verbindet gerade auch das Abendmahl mit dem Gott Israels. Gemeinsam mit Israel hoffen wir im Passahfest wie beim Abendmahl auf eine neue Zeit. Denn wir feiern das Abendmahl auch immer schon als Vorgriff auf das Freudenmahl, das wir einmal in Gottes neuer Welt gemeinsam mit Israel am Tisch Gottes feiern dürfen: wenn Jesus wiederkommen wird, so hoffen wir, als Herr der Welt und Messias Israels.

Schon Jesus hat das Abendmahl gefeiert mit dem Ausblick auf die kommende Welt Gottes: „Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, an dem ich von neuem davon trinke im Reich Gottes“ (Mk 14,25). Und der Apostel Paulus hat verdeutlicht: „Sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt“ (1. Kor 11,26).

 

Das Jesusfenster

Den Ausblick auf die kommende Welt Gottes bietet das dritte Fenster. Nach dem Tauffenster des Heiligen Geistes und dem Schöpfungsfenster des Vaters mit den Früchten des Abend- und Passahmahls zeigt uns das dritte Fenster Jesus Christus, den Auferstandenen.

Die vier Evangelisten stehen neben dem offenen Grab und bezeugen, wie Jesus von den Toten aufersteht und aus dem dunklen Grab steigt. An den Füßen sind die Wundmale noch zu erkennen, aber die rechte Hand erhebt er wie zum Sieg segnend über den Betrachter. In der linken Hand ist ihm das Kreuz zum Zepter geworden: Er kommt als Weltenrichter. So tritt auf diesem Fenster vor allem die Farbe Rot in den Vordergrund: die Farbe des Blutes, die Farbe der Macht, aber vor allem die Farbe der Liebe. Gottes Gericht über uns wird der Freispruch sein, die Auferstehung und das Leben. So lautet die zentrale Botschaft des Neuen wie des Alten Testaments, die Martin Luther erst wiederentdeckt hat und die dann zum Grundstein unserer evangelischen Kirche wurde.

 


 

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